..aus der Predigt von Thomas Siegers

Die Predigt von Thomas Siegers anlässlich des Wortgottesdienstes zum Vogelschuss am 23.10.2011.

 

„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken.“ Und „Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst.“

Mir fällt da ein umgangssprachlicher Satz in Dialekt ein: „Do krieje wer kenne Pack-An draan!“ Frei übersetzt: „Für diese Aufgabe finden wir keinen Lösungsansatz!“

Thomas Siegers-Bild von der PredigtDie Aussage an sich von Jesus ist klar verständlich. Und sie ist auch zeitlos. Sie gilt heute genau so wie vor zweitausend Jahren. Mit der Umsetzung ist das aber schon etwas schwieriger. Wie kann ich denn Gott so allumfänglich lieben, wenn ich ihn nicht anfassen oder sehen kann, wenn ich gar nicht genau weiß, was er eigentlich von mir erwartet, und überhaupt, wenn ich mich noch um so viel anderes kümmern muss?

Gehen wir doch mal zurück an den Anfang: Ins alte Testament, das erste Buch Mose – Genesis – die Schöpfungsgeschichte: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde …“. Die Stelle ist sicher allen bekannt. Und auch diese Stelle ist zeitlos.

Religionskritische Menschen würden jetzt sicherlich protestieren und auch hier unter uns mag man sich die Frage stellen: „Die Schöpfungsgeschichte zeitlos?“ Das kann man ja wohl mittlerweile vergessen – da hat die Wissenschaft doch ganz andere Dinge herausgefunden.

„Richtig“, kann man als Christ da sagen, aber das was die Wissenschaft erforscht und entdeckt hat widerspricht dem Kern der Schöpfungsgeschichte ja gar nicht, denn es geht doch hier um etwas ganz anderes als um den Ablauf der Schöpfung.

Es ist kein Polizeibericht, der darstellt, wie alles genau gewesen ist, sondern – und das sagt ja schon der Name – eine Geschichte, die den Menschen etwas bildlich vermitteln will. Stellen sie sich vor, in der Bibel stünde etwas von Urknall oder Evolutionstheorie – hätte sich darunter vor mehr als zweitausend Jahren jemand etwas vorstellen können? Aus damaliger Sicht hätte das genau so befremdlich gewirkt, wie es aus heutiger Sicht auf uns wirkt, wenn wir lesen, das Gott die Frau aus der Rippe eines Mannes geschaffen hat. Das, was uns die Schöpfungsgeschichte offenbaren will musste aber so aufgebaut werden, damit es in der damaligen Zeit jeder verstehen konnte. In der eigentlich nebensächlichen Diskussion darüber, ob das tatsächlich alles so abgelaufen ist, haben wir den Bezug zu den eigentlichen Kernaussagen der Schöpfungsgeschichte leider ein wenig verloren. Diese Geschichte stellt nämlich eine absolute Revolution, einen Wendepunkt in der Menschheitsgeschichte dar. Denn sie beinhaltet Dinge, die aus damaliger Sicht völlig neu waren und auch für uns heute noch gültig sind:

Es gibt einen Gott und der ist uns wohl gesonnen. Keine Ansammlung von Göttern deren Launen man ausgesetzt ist und denen man Opfer bringen muss, so wie es die griechische Mythologie oder viele Naturreligionen kannten.

Ein zweiter Punkt: Gott stellt den Menschen besonders heraus. Er schafft ihn nach seinem Bild – das heißt, Gott ist präsent in jedem Menschen. Er steht also nicht irgendwo über den Dingen, sondern er ist allgegenwärtig.

Und ein weiterer wesentlicher Punkt: Er vertraut dem Menschen die Erde und die Verantwortung für diese an. Gott kann in seiner Allmacht zwar eingreifen, aber letztlich sind wir Menschen für die Erde und was auf ihr geschieht selbst verantwortlich. Die Frage „Warum lässt Gott dieses oder jenes zu“ stellt sich deshalb eigentlich nicht.

All diese Aussagen der wunderbaren Schöpfungsgeschichte, dass ein gütiger Gott als Schöpfer gewirkt hat, dass wir als Menschen sein Bild widerspiegeln und er uns im Vertrauen auf uns eine große Verantwortung, eine enorme Freiheit übertragen hat – all das kann man zusammenfassen mit der wesentlichen Aussage: Gott liebt uns!

Das Gebot von der Liebe hat seinen Ursprung in Gott. Jesus trägt uns also auf, eine Liebe zurückzugeben und weiterzugeben, die wir zunächst selbst empfangen – von Gott.

Und darin liegt auch der Schlüssel zu der Frage: Wie kann ich Gott lieben? In dem ich mich bei allem was ich mache und wie ich lebe frage: Würde Gott das gefallen? Werde ich meiner Verantwortung, die mir Gott übertragen hat gerecht? Die Heimat, die er mir geschenkt hat, die Menschen in meiner Umgebung, meine Kinder, mein Glaube – gehe ich sorgsam damit um? Wenn ich so handele, wenn meine Gefühle und Gedanken darum kreisen, dann liebe ich Gott mit meinem Herzen, meiner Seele und meinen Gedanken.

Das Gebot der Nächstenliebe ergibt sich dann als logische Folge daraus. Denn uns alle verbindet ja etwas Untrennbares: Dieser eine Gott der uns liebt und die Verantwortung, die er uns für diese Welt gegeben hat. Das Schicksal eines anderen darf uns also niemals egal sein. Es geht uns an, wir müssen uns kümmern, im Rahmen unserer Möglichkeiten, ohne uns selbst dabei aufzugeben. Denn es heißt: Du sollst Deinen Nächsten lieben, wie dich selbst. Wir müssen also auch unseren eigenen Bedürfnissen nachkommen.

Ich möchte diese Erkenntnis zum Schluss auf den heutigen Vogelschuss der Bruderschaften übertragen. Als Außenstehender könnte man ja den Vorwurf erheben: Was ist das für eine Anmaßung, sich in einer Gemeinschaft, die Brüderlichkeit auf ihre Fahnen schreibt, als König aufzuspielen. Kann man seine Zeit nicht sinnvoller nutzen? Und wenn doch alle Gleich sind, wie kann dann einer König sein?

Führen wir uns einfach mal vor Augen, was das Amt eines Schützenkönigs bedeutet. Und unsere noch amtierenden Könige sind ein gutes Beispiel dafür: Es gehört dazu, sich selbst zu lieben, denn man macht so etwas ja, weil man sich damit einen Traum erfüllt, weil man es genießt und weil es einem viel Freude schenkt. Aber ebenso ist es gelebte Nächstenliebe. Die Bruderschaften brauchen ihre Könige als oberste Repräsentanten die Verpflichtungen wahrnehmen, die sich in den Dienst der Sache stellen und ohne die das Bruderschaftsleben nicht so ablaufen könnte wie es nötig ist. Und es geht noch darüber hinaus: Die Könige haben ihre eigene Freude an andere weitergegeben das war förmlich zu spüren. Und sie haben sich engagiert, haben Kindergärten besucht, haben in der Kirche Flagge gezeigt und haben eine große Gemeinschaft um sich gesammelt, die alles voller Motivation mitgetragen hat.

Das ist es, was es ausmacht:

Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst, sei ein König, mitten in der Gemeinschaft.

Wenn man es so angeht, dann hat man „Pack-an“ am Gebot der Liebe.

Dann kann man sagen „Dat hat er joot jemäck!“

Amen!

 

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